
Test – Kawasaki MULE Pro MX
Maultiere gelten als gutmütig, geradlinig, gleichmäßig belastbar und erholen sich sehr rasch von Strapazen. Sie können an einem Tag große Lasten über weite Distanzen transportieren. Kann das automobile Pendant – der Kawasaki Mule Pro MX – da mithalten?
Im Netz finden wir die biologische Definition zum Muli. Demnach ist das Tier ein Kreuzungsprodukt aus einer Hauspferdestute mit einem Hauseselhengst. Sie gelten als ausdauernd und unempfindlich. Bis heute sind die Trag- und Zugtiere in manchen Bereichen unentbehrlich. So verfügen die Gebirgsjäger der Bundeswehr über eine Einheit, die auf den Einsatz mit Mulis spezialisiert ist. Diese bringen Ausrüstung und Material in schwer zugängliche Regionen.



Genau dort setzt auch Kawasaki mit seinem Mule (englisch für Muli) an. Lasten dorthin zu transportieren, wo LKW, Traktoren oder Schlepper einfach zu sperrig, zu groß und zu unhandlich sind. Und zu teuer bisweilen.
Motto von Kawasaki „built strong to work hard“
Ganz nach dem Motto von Kawasaki „built strong to work hard“ kommt die Mule Pro MX in der Basisversion ohne jeglichen Schnickschnack daher. Ein Dach oder eine Scheibe sucht man vergebens. Allerdings lässt sich dies alles aus einem umfangreichen Zubehörprogramm nachrüsten. Je nach Kundenwunsch bleiben so kaum Wünsche offen. Der Arbeitscharakter steht bei dem neuen Modell klar im Vordergrund. Das tierische Pendant trotzt hohen oder tiefen Temperaturen ebenso, wie Regen oder Schnee. Maultiere bewähren sich besonders auf schwierigen Böden.
Der Innenraum des Pro MX ist schlicht und funktionell gestaltet. Die Sitzbank ist durchgängig und bietet auf der Beifahrerseite darunter Stauraum. Sie ist für zwei Personen konstruiert bietet aber im Notfall auch mal kurzfristig Platz für drei. Die Bedienelemente sind übersichtlich im Automobil-Stil und funktionell gestaltet. Das Digitalinstrument ist gut ablesbar und informiert über die wichtigsten Fahrtzustände. Das Lenkrad lässt sich in der Neigung verstellen und bedient den serienmäßigen Servo. Damit ist für entspanntes Fahren bzw. Lenken gesorgt. Man findet sich auf Anhieb auch ohne studieren der Bedienungsanleitung zurecht.
Der „Heuballen-Test“ der Quadwelt
Schauen wir also mal ob der Mule auch das Zeug zum „Lastesel“ hat. In Verbindung mit UTVs arbeiten wir regelmäßig mit Landwirten zusammen. Diese legen öfters mal seltsame Kriterien an ein Nutzfahrzeug. So soll bestenfalls eine Europalette Platz auf der Ladefläche haben oder ein Heuballen problemlos drauf passen. Also findet ein Rundballen den Weg auf die Ladefläche des Mule. Die Klappe muss hierzu allerdings geöffnet werden, was durch das Lösen von zwei simplen Verschlüssen funktioniert.

Der serienmäßige Schutz hinter den Sitzen verhindert das die Ladung ins Fahrzeuginnere rutscht. Der Bügel ist aus Stahlrohr und gut dimensioniert. Unser Ballen passt gerade so darauf und das Mule sinkt auch hinten deutlich ein. Die Zuladung ist zwar jetzt bis auf das Maximum ausgereizt – eigentlich sogar leicht überschritten. Trotzdem lässt sich das UTV noch sicher fahren und lenken. Der kleine Wendekreis sorgt dafür das wir auf dem recht engen Hof gut rangieren können. Längere Fahrten oder gar den Hang hinauf fahren sollte man aber vermeiden. Quaderballen wären sicherlich leichter gewesen, waren aber leider gerade nicht verfügbar. So hätte der Mule also das Zeug seine vierbeinigen „Artgenossen“ mit Futter zu versorgen.


700 ccm und 54 PS oder vielleicht sollen wir hier besser 54 Mulistärken sagen, sorgen für ausreichend Power. Ein vorwiegend als Reittier eingesetztes Maultier kann bei Bedarf kurzzeitig bis zu 60 km/h schnell laufen – unser Mule hält da locker mit. Dank LOF-Zulassung ist die Leistung nicht gedrosselt. Wir packen Werkzeug und etwas Weizenschrot auf die Ladefläche und fahren auf regenweichen Feldwegen ins Wildgehege, wo wir schon mit anderen UTVs gearbeitet haben. Der zuschaltbare Allrad muss schon recht früh genutzt werden. Die serienmäßigen Duro Frontier Reifen bieten genügend Grip und lassen unser Mule spurtreu dahin ziehen. Fürs das ganz Grobe könnte man noch die Vorderachse sperren, was aber grade nicht nötig ist.



Die beiden Türen verhindern übrigens das der Dreck den Fahrer bzw, Beifahrer einsaut, Leider lassen sich die Türen nur von außen öffnen, so das man nach außen greifen muss. Am Wildgehege angekommen legen wir Zaunpfosten auf die Mule und fahren sie immer an den Bestimmungsort, wo der Traktor diese mit seiner Frontschaufel in den Boden drückt. Unter Zuhilfenahme der Kettensäge werden dann die alten Pfosten entfernt. Dabei ist die Kawa eine echte Unterstützung und begeistert die anwesenden Helfer. Wir sparen uns das tragen der Pfosten an der Hanglage. Das schont die Kräfte und lässt die Arbeiten zügiger voran gehen.Ein lebendiges Maultier hätte diese Arbeit sicher ähnlich erledigt. Hinterher Arbeit füttern wir die Rehe noch mit dem Futter welches wir auf der Ladefläche transportiert haben.
Waldarbeit
Schnell hat sich herum gesprochen das wir über ein entsprechendes Fahrzeug verfügen. Ein befreundeter Jäger ruft an und erkundigt sich ob wir ihn unterstützen können. Ein Baum liegt auf der Zufahrt zum Hochsitz und dieser ist nur mit Allrad zu erreichen. Das Fahrzeug des Jägers kommt trotz 4×4 nicht weiter. Also schnell unseren „Lastenesel“ aktiviert, mit der benötigten Ausrüstung bestückt und auf geht‘s. Auch dieses Mal bewältigt das UTV die schlammigen Feldwege spielend. Am Einsatzort angekommen werfen wir die Kettensägen an und schaffen den Baum weg.
Das Holz findet Platz auf der Ladefläche und kann somit gleich abtransportiert werden. Trotz des mittlerweile sehr kalten und nassen Wetters verrichtet die Kawasaki ihren Dienst ohne jegliche Probleme und springt immer sofort an. Die Gänge lassen sich sehr leicht einlegen und auch bei schwerer Beladung zieht das UTV in der Untersetzung auch schwere Lasten – genau so wie wir uns das von einem Maultier erwarten.



Zurück auf den Bauernhof, kümmern wir uns um die Pflege. Die Ladefläche lässt sich nach dem lösen von zwei Verschlüssen abklappen. Dies finden wir etwas unpraktisch da man entweder zu zweit sein muss oder um das Fahrzeug herum gehen muss. Das könnte man wie einige Mitbewerber mit einem Hebel der sich von beiden Seiten gleichermaßen bedienen lässt, besser lösen. Nach dem abklappen haben wir freien Blick auf den Motor und die Serviceeinrichtungen. Diese lassen sich einfach erreichen. Auch beim Putzen kommt man gut in alle Ecken. Der stabile Rahmen ist übrigens im „Shinari“ Stil konstruiert worden. Dies ist ein japanischer Begriff der jene Elastizität beschreibt, die es einem Objekt ermöglicht ohne zu biegen oder zu brechen in seine ursprüngliche Form zurückzukehren – ähnlich wie ein Jagdbogen oder eine Angelrute sich verhält.
Fazit zum Muli
Unser Test-Mule ist ein absolutes Arbeitstier welches auch unter schwierigen Bedingungen gut zurechtkommt. Seine Bedienung ist kinderleicht und auch für ungeübte Fahrer kein Problem. Mit regelmäßiger Pflege und Wartung hat man lange Freude an diesem UTV. Wer auf Komfort und Schnickschnack verzichten kann, Wert auf Robustheit legt, der ist mit der Mule bestens bedient. Vielfältige Einsatzmöglichkeiten, hohe Zuladung und Anhängelast sind die Attribute mit denen das UTV uneingeschränkt punkten kann.
Um das ganze dann im Sinne unseres Vergleiches noch in eine tierische Form zu verpacken, lässt sich der bedeutende, britische Naturforscher Charles Darwin zitieren: „Das Maultier scheint mir ein sehr erstaunliches Tier zu sein; es macht den Anschein, dass hier die Kunst die Natur übertroffen hat. Mulis gelten als besonnen, ausdauernd und trittsicher. Es bleibt sich auch für den ungeübten Reiter beherrschbar„. Der Hybride verträgt sich sehr gut mit anderen (Nutz-)Tieren. Na, wenn das mal kein Beleg für eine gelungene Kreuzung ist.
Text: Erik Pohl
Fotos: Erik Pohl, Hendrik Hensel, Kawasaki












