Mit dem KraKa nach Krautheim

Drei Bundeswehr-Veteranen waren anlässlich des ersten nationalen Veteranentages in ihren alten oliv-steingrauen Uniformen mit einer Kraftkarre im Jagsttal unterwegs. Hier ist ihr Erlebnisbericht.

Der Kraftkarren – oder kurz „KraKa“ – gilt als einer der Vorläufer unserer ATVs und UTVs. Das Fahrzeug war zunächst für den land- und forstwirtschaftlichen Einsatz sowie für Katastrophenschutz- und Hilfsdienste gebaut. Es wurde aber festgestellt, dass es luftverlastbar ist, also per Flugzeug transportiert und mittels Fallschirm sogar abgeworfen werden konnte. Damit fand der KraKa Eingang bei der Fallschirmjägertruppe der Bundeswehr, die ihn als militärisches Transportmittel bis in die 1990er Jahre eingesetzten. 

„Wenn Sie ein Fahrzeug suchen sollten, bei dem der Wetterschutz eines Motorrades, der Komfort eines Rodeopferdes, die Geschwindigkeit eines Fahrrads, die Geräuschentwicklung einer Kreissäge und der Reifenquerschnitt eines Formel-1-Rennwagens miteinander verbunden sind, dürfte genau dies ihr Traumwagen sein“, spottete der Motorsport-Journalist Reinhard Lintelmann einmal in der Oldtimer-Zeitschrift „Markt“ über das kuriose leichte Transportfahrzeug.

Drei Veteranen und ihr historisches Fahrzeug.

Für uns drei Bundeswehr-Veteranen, Christoph, Hartmut und Stephan, die wir uns anlässlich des ersten nationalen Veteranentages am 15. Juni zu einer Tour mit dem historischen Kraftkarren durch das mittlere Jagsttal bei Krautheim im nördlichen Baden-Württemberg verabredet haben, trifft das zu: Für uns ist das skurrile Fahrzeug der Spezial-LKW-Firma Faun tatsächlich so etwas wie ein Traumwagen für abenteuerlich-ruppige Exkursionen durch Flur und Feld. Ein Grund: Die Kraftkarre Kraka gilt als das letzte Auto mit Kettenantrieb für die Hinterräder. Die ungefederte Masse des Fahrzeugs sollte so verringert und die Federung verbessert werden. Beim Kraka merkt man nichts davon. Es ist praktisch ungefedert. Im Gelände kommen zu den Stößen von unten auch noch die abenteuerlichen Rollbewegungen der Vorderachse hinzu, die um einen Punkt drehbar gelagert ist.

Die Passagiere müssen sich festklammern
Festhalten: Für eine Fahrt mit dem KraKa wäre eigentlich eine Helmpflicht richtig.

So rumpelt das Fahrzeug von Klepsau über Dörzbach Richtung Krautheim. Fahrer und Eigentümer Christoph, Hauptgefreiter der Reserve, folgt dabei der historischen Jagstlinie – einer Verteidigungsstellung der Rosenheimer Pioniere aus dem April 1945. Entlang des Waldrands sind noch alte Schützenlöcher zu erkennen. Doch unsere Tour ist weniger Geschichtsunterricht als gelebte Erinnerung – ein kleines Stück Bundeswehr-Reenactment.

Wir tragen unsere alten oliv-steingrauen Uniformen, die Anfang der 1990er-Jahre durch Flecktarn ersetzt wurden. Hartmut hat seine alte Panzerkombi herausgekramt, sie sitzt noch immer perfekt. Inzwischen ist er Oberstabsfeldwebel der Reserve. Christoph und ich tragen den klassischen Feldanzug, allerdings ohne Stahlhelm – obwohl der auf dem Kraka eigentlich Pflicht war. Bei den heftigen Bewegungen des Fahrzeugs wäre er heute durchaus nützlich.

Unterwegs nach Krautheim. Komfortabel? Eher nicht!

Ein Helm wäre freilich nicht schlecht, denn während der Fahrer zentral auf einem Muldensattel sitzt, müssen sich die beiden Passagiere an zwei kleinen Handgriffen hinter dem Fahrersattel festklammern, um nicht aus dem Fahrzeug herausgeschleudert zu werden. Die Füße stehen dabei auf zwei frei unter dem Kraka hängenden Rasten. Auch bei der niedrigen Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h stellt sich so partout kein Gefühl sicherer Fahrt ein. Aber genau darum geht es ja. Der damalige Kraka-Konstrukteur und Hersteller Georg Behrmann nannte sein Kraka „ein schnurrendes Ding, das Männer wieder zu Kindern macht“. Das Zitat stammt aus dem SPIEGEL vom 17. August 1969, als die Bundeswehr das außergewöhnliche Gelände-Cabrio im großen Stile einkaufte. Das Magazin hatte noch eine ganze Reihe weiterer lustiger Namen für den Kraka parat: „Klapp-Karre“, „Wegwerfauto“. „Landser-Go-Cart“ und „anspruchsloser Kraftprotz“.

Die Bezeichnung der Bundswehr lautete offiziell auf Lkw 0,75 t gl, KraKa 640
Seltenes Exemplar

Christoph steuert derweil unverdrossen eine Jagst-Furt an, die der Kraka mühelos passiert. Für die Beifahrer gibt es nasse Stiefel, während die wilde Fahrt querfeldein fortgesetzt wird. Am Ende der Tour am Ortsrand von Krautheim haben wir rund 20 Kilometer durch die nördlichste Weinbauregion Baden Württembergs zurückgelegt. Christoph ist zufrieden. Er hat sich die Kraftkarre erst vor kurzem zugelegt. Viele gibt es nicht mehr. Von den 800 Krakas mit BMW-Motor, die in den 1970er-Jahren an die Bundeswehr ausgeliefert wurden, überlebten schätzungsweise nur ungefähr die Hälfte den harten Einsatz bei den Fallschirmjägern.

In der Bundeswehr haben die KraKa-Nachfolger längst Einzug gehalten: Unter anderem setzt der Fallschirmspezialzug des Fallschirmjägerregiments 31 das Leichte Luftlandefähige Utility Terrain Vehicle (LL UTV) ein, das auf einem Polaris-UTV basiert.

Hier trainieren Soldaten die Aufnahme von verletzten Personen unter Feindkontakt während der Ausbildung von Kampfrettern.

Bis Mitte der 90er Jahre unterwegs

Bis Mitte der 90er-Jahre waren die kompakten Transporter im Dienst der Bundeswehr unterwegs. Christoph hat unsere Kraftkarre mit dem taktischen Zeichen seines ehemaligen Panzerbataillons 64 in Wolfhagen versehen, das 2008 aufgelöst wurde. Das ist sentimental, stimmt aber natürlich nicht. Denn nach einem Truppengroßversuch bei der 1. Luftlande-Division im Griechenland-Manöver „Olympic Express“ wurden nach der Entscheidung des damaligen Inspekteurs des Heers Generalleutnant Albert Schnez ausschließlich die Luftlandeverbände und die leichten Jäger-Bataillone mit dem Kraka ausgestattet. In ziviler Ausführung waren die Kraka aber auch unterwegs: unter Tage in den Kalibergwerken Niedersachsens, beim Schneeräumen und Sandstreuen für kommunale Behörden sowie als Lastesel in der Land- und Forstwirtschaft.

Unsere Veteranen-Tour ist zu Ende. Zum Glück erspart uns Christoph, unser Kraka platzsparend auf 64 Prozent seiner Grundfläche zusammenzuklappen. Das geht natürlich, aber er hat genug Platz in seiner Garage. So verabschieden wir uns von unserem Veteranen-Traumwagen, um mit unseren historischen Bundeswehr-Uniformen noch ein bisschen um die Häuser zu ziehen und uns der alten Zeiten zu erinnern.

  • Text: Stephan-Thomas Klose
  • Fotos: Bundeswehr, Stefanie Klose

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